
ChessBase Fritztrainer Eröffnung, Englisch, ISBN 978-3-86681-218-5, 2012
Für junge und sich entwickelnde Spieler lautet ein ganz wichtiger Ratschlag:
Studiere offene Stellungen und bekomme ein Verständnis für den Wert der Figurenkoordination sowie die Rolle des Zentrums.
Diese Ziele lassen sich erreichen, indem man 1.e4 einfach mit 1...e5 beantwortet.
Manche behaupten, diese Stellungen seien nicht scharf und interessant genug, und meinen, dass man stattdessen lieber verschiedene Sizilianisch-Varianten wählen sollte, aber das stimmt nicht ganz.
Diese DVD will zeigen, dass 1.e4 e5 extrem unterhaltsam sein kann und es dabei für Schwarz möglich ist, in jeder Eröffnung interessantes Gegenspiel zu erlangen. Vorgeschlagen werden zwei Abspiele in den Spanisch-Systemen plus die aktivsten Alternativen gegen andere Möglichkeiten von Weiß.
Videolaufzeit: 6 Std. 48 min (Englisch)
Adrian Mikhalchishin, 1954 in Lvov geboren und Großmeister seit 1978, zählt aktuell zu den fünf besten Trainern der Welt und ist Vorsitzener der FIDE-Trainerkomission. Der Ukrainer coachte in den 1980er Jahren die Nationalmannschaften der UdSSR sowie von Slowenien, Polen und den Niederlanden. Außerdem war Mikhalchishin Trainer von Anatoly Karpov (1980-1986) und betreute auch Zsuzsa Polgar, Alexander Beliavsky, Maja Chiburdanidze, Arkadij Naiditsch und Vassily Ivanchuk.
Rezension Adrian Mikhalchishin: 1.e4 e5 - Ein aktives Schwarz-Repertoire von Frank Große
Ohne einleitende Worte findet GM Adrian Mikhalchishin direkt den Einstieg in seine DVD-Publikation, die sich das Ziel gesetzt hat, dem Schwarz-Spieler ein vollwertiges Repertoire zu bieten. Ein Grund mehr die Lupe auf die Inhalte zu richten und hier darzulegen. Dies ist ganz im Sinne der bewährten Meinung, dass insbesondere Amateure sich über offene Partien ein Repertoire aufbauen sollen, da zumeist deutliche und von Taktik geprägte Pläne charakteristisch für die Offenen Spiele sind.
Als Basis dienen 106 Partien und 51 Videos.
Mikhalchishin wählt auf die Frage ob Russisch oder Spanisch die Hauptwaffe wird, letzteres und prägt damit auch knapp die Hälfte der DVD.
Doch zunächst ein Blick auf die Alternativen, wenn Weiß gar kein Interesse auf den "Stierkampf" verspürt. Es finden sich wieder:
- Mittelgambit (2. d4 exd4 mit 3. Dxd4 und 3. Sf3),
- Vierspringerspiel (mit 4. g3, 4. d4, 4. a3 und 4. Lb5),
- Ponziani (3? Sc6),
- Läuferspiel (2? Sf6 3. d3 c4 4. De2 und 4. Sf3),
- Wiener Partie (3. f4 und 3. Lc4) und
- Königsgambit (2? Lc5 und 2? exf4).
Wie am Beispiel des Königsgambits ersichtlich ist, schreibt er dem Schwarzspieler nicht immer die ultimative und einzige Antwort vor, sondern stellt diesem zum Teil frei, welches System sich für ihn besser eignet, indem er beide Systeme darlegt. Die vorgeschlagene Lc5-Variante gilt dabei als eine Variante, in der Schwarz um den vollen Punkt kämpfen kann - sich gegen gut vorbereitete Gegner, aber öfters mit einem Remis zufrieden geben muss.
Italienisch, Schottisch und das Zweispringerspiel werden ausführlicher behandelt. Bei Italienisch konzentriert er sich auf die Antwort 4? Le7 5. 0-0 0-0, um dann die hauptsächlich vorkommenden weißen sechsten Züge zu besprechen: 6. Lb3, 6. Te1 und 6. c3.
Aber auch 4? h6 gibt er eine Chance. Im scharfen Zweispringerspiel wird natürlich hauptsächlich 4. Sg5 d5 5. exd5 Sa5 6. Lb5+ c6 7. dxc6 bxc6 besprochen. Mit den weißen Alternativen 8. Ld3, 8. Df3 und 8. Le2 zeigt er den gegenwärtigen Stand der Theorie auf.
Das frühe Abweichen mit 4. d4 hält mit einem Video und vier Partien Einzug. In der Schottischen Partie ist seine Empfehlung 4? Lc5 und in sechs Videos bekommt der Zuschauer eine Rundschau in dieses System.
Prinzipiell lässt sich festhalten, dass der Autor keineswegs in allen Systemen alle Nebenvarianten etc. abdeckt. Das wird aber auch nicht erwartet! Die Konzentration liegt auf den Hauptvarianten, die er mit Schlüsselpartien zumeist auf Großmeister-Niveau erläutert.
Was empfiehlt Mikhalchishin nun aber als aktives Spanisch-System für den Schwarzspieler?
Zunächst greift er in die Kiste der selteneren Varianten, indem er mit 3? g6 die Fianchetto-Variante auspackt, bei der der Schwarze die Unterwanderung des weißen Zentrums anstrebt. Das ist keine schlechte Wahl unter Berücksichtigung des Überraschungseffekts, wenngleich er zur kritischen Variante 4. d4 exd4 5. Lg5 keine aktuellen Partien beisteuert. Mit ausführlichen Analysen zu 4. d4 exd4 5. Sxd4 bzw. 5. La4 erfasst er das Abspiel insgesamt ausreichend.
Wer dem Fianchetto-System nichts abgewinnen kann, dem werden mit der Abtauschvariante (3? a6 4. Lxc6 dxc6), der Geschlossenen Verteidigung (3? a6 4. La4 Sf6) und der Archangelsker Variante (3? a6 4. La4 Sf6 5. 0-0 b5 6. Lb3 Lb7) auf dem Zug 3? a6 basierende Alternativen angeboten. Besonders den Ausführungen zur Archangelsker Variante (7 Videos) lohnt es zu folgen, da die zumeist scharfen Positionen durchaus über das Potential zum Kampf um den vollen Punkt verfügen. In den vom Autor empfohlenen Abspielen sucht Schwarz mit ?h6 und ?g5 bei kurzer Rochade und aktiver Figurenstellung sein Heil in der kompromisslosen Attacke. Wer mit dieser offenen Königsstellung gut umgehen kann, findet in seiner Zusammenstellung eine gute Basis.
Fazit: Insgesamt durchziehen den Silberling klangvolle Namen, wie Gelfand, Schirow, Anand, Karpow oder Polgar. Der Großteil der Schwarzpartien ist vom Autor selbst und das zeugt von seiner Kenntnis im vorgeschlagenen Repertoire. Um Mikhalchishin folgen zu können sind Englisch-Kenntnisse notwendig und sein russischer Akzent ist weitestgehend gut verständlich. Manchmal eilt er ein wenig durch die Erläuterungen/Varianten, was aber kein größeres Problem darstellt, da man dank des Mediums Video nicht Verstandenes problemlos erneut vorführen kann. Insgesamt eine solide Arbeit, bei der gut gefällt, dass er dem Schwarzspieler zum Teil die Option gibt, selbst zu entscheiden, für welche Alternative er sich entscheidet, so z.B. beim Königsgambit dieses anzunehmen (2? exf4) oder mit 2? Lc5 abzulehnen.
Gesamt-Videolaufzeit: 6 Stunden 48 Minuten
Zielgruppenempfehlung: Auf der Suche nach einem Schwarz-Repertoire jenseits von Sizilianisch, Französisch oder Caro-Kann? Bleibt die Wahl zwischen eher exotischen Systemen oder den Offenen Spielen. Fällt die Wahl auf letztere, findet sich auf der DVD eine Grundlage zur Bildung des eigenen Repertoires. Aufgrund des Niveaus der präsentierten Partien, ist ein solides Verständnis vom allgemeinen Charakter von Eröffnungen äußerst hilfreich.
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